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Viele Unternehmen können nun wahrscheinlich aufatmen: Der BGH hat in einer ganz aktuell veröffentlichten Entscheidung Vertragsstrafezahlungen für bestimmte Verletzungshandlungen im Urheberrecht nun einen Riegel vorgeschoben. Es geht um folgendes Thema:

Viele Unternehmen kennen es: Versehentlich wurden Bilder verwendet, für die keine Nutzungsrechte (mehr) bestanden. Der oder die Rechtsinhaberin mahnte daraufhin ab und verlangte zusätzlich zu einer Schdensersatzzahlung auch die Abgabe einer sog. Unterlassungsverpflichtungserklärung. Gelegentilch war der Schadensersatzanspruch überschaubar oder es wurden sogar nur Bearbeitungsgebühren verlangt. Schnell war die entsprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung unterzeichnet, man wollte die Sache zügig und günstig aus der Welt haben.
Die Bilder wurden dann auf der Website gelöscht – in der Annahme, damit allen Pflichten nachgekommen zu sein.

Umso erstaunter waren die betroffenen Unternehmen, wenn dann einige Zeit später von dem/derRechteinhaber/in eine Vertragsstrafe in nicht unerheblicher Höhe (meist mehrere tausend Euro) geltend gemacht wurde.
Zur Begründung wurde sich darauf berufen, dass das Bild immer noch über eine (regelmäßig vielstellige) URL-Adresse direkt abrufbar war (sog. Deep Link) – was zutraf -. Dieses Zugänglichmachen stelle einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung dar, da nach dieser künftig die öffentliche Zugänglichmachung zu unterlassen sei.
Sofern die Sache dann vor Gericht landete, wurden die betroffenen Unternehmen regelmäßig zur Zahlung der geltend gemachten Vertragsstrafe verurteilt. Außer dem war eine neue Unterlassungserklärung mit einer höheren Vertragsstrafe abzugeben, um die vermeintlich erneut aufgetretene Wiederholungsgefahr zu beseitigen.
Es half nicht, wenn damit argumentiert wurde, dass keine Öffentlichkeit gegeben sei, da nur die Personen, denen die konkrete URL bekannt war, das Bild abrufen konnten.

Das OLG Frankfurt am Main hat mit dieser “Tradition” in seiner Entscheidung vom 16.06.2020 – 11 U 46/19 – gebrochen. Die allein über eine vielstellige (in jenem Fall etwa 70-stellige) URL-Adresse sei nur jenen Personen möglich, die diese URL-Adresse im Rahmen eines vorherigen Besuchs kopiert/abgesoeichert oder sie von Dritten weitergeleitet bekommen hätten. Das sei aber nach allgemeiner Lebenserfahrungt ein eher kleiner Personenkreis, so dass das Merkmal der Öffentlichkeit nicht erfüllt sei.

Der BGH hat in seiner nun veröffentlichten Entscheidung vom 27. Mai 2021 diese Auffassung bestätigt.

Insofern sollten Unternehmen im Falle der Geltendmachung einer Vertragsstrafe aufgrund einer Unterlassungsverpflichtungserklärung nun prüfen lassen, ob tatsächlich eine Rechtsverletzung begangen wurde. Allerdings weise ich an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass die Gerichtsentscheidung nicht für Fälle einer anderweitigen öffentlichen Zugänglichmachung Anwendung findet. Und sicherlich auch nicht für Fälle, in denen vorsätzlich/grob fahrlässig die jeweilige URL-Adresse nicht gelöscht wurde.

Gern stehe ich Ihnen für eine Beratung zur Verfügung.